Beiträge 2017

Der tiefe Fall des Paolo Macchiarini: Vom Star-Chirurg zum Scharlatan

Als der italienische Chirurg Paolo Macchiarini seinen Patienten am Karolinska Institut in Stockholm erstmals künstliche Luftröhren einsetzte, wurde das als medizinische Sensation gefeiert. Doch nach und nach mehrten sich Zweifel an der Integrität des Forschers. Keine Ethikkommission hatte Macchiarinis Experimente genehmigt – und er hatte das neue Verfahren zuvor nicht einmal in Tierversuchen getestet. Ein externes Gutachten soll nun zur Aufarbeitung des Forschungsskandals in Schweden beitragen. Der Ex-Charité-Chef Prof. Detlev Ganten ist einer der Autoren. Im Deutschlandfunk-Interview erklärt er, wie er und sein schwedischer Kollegen vorgegangen sind, um sich ein Bild vom Fall Macchiarini zu machen.

„Glyphosat war und ist zu billig“

Eine Behörde der Weltgesundheitsorganisation kam 2015 zu dem Schluss, Glyphosat sei „wahrscheinlich krebserregend“. Eine andere WHO-Behörde dagegen befand daraufhin, es sei unwahrscheinlich, dass das Pflanzengift für Menschen ein gesundheitliches Risiko darstelle. Eine Einschätzung, der sich das Bundesinstitut für Risikobewertung BfR, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA und dann auch die EU-Chemikalienagentur ECHA angeschlossen haben. Obwohl Glyphosat bei korrektem Gebrauch also vermutlich keine Riesenbedrohung darstellt, haben über 1,3 Millionen Menschen eine Petition gegen eine Verlängerung der EU-Lizenz unterzeichnet. Die EU-Parlamentarier in Straßburg haben deshalb gestern mehrheitlich gefordert, den umstrittenen Unkrautvernichter in spätestens fünf Jahren aus dem Verkehr zu ziehen. Doch das letzte Wort hat die EU-Kommission. Und die hat das heiße Eisen heute einmal mehr vertagt.

Dr. Horst-Henning Steinmann arbeitet am Zentrum für Biodiversität und nachhaltige Landnutzung der Universität Göttingen und kennt sich mit den Chancen und Risiken von Glyphosat gut aus. War er überrascht, dass die EU-Kommission ihr Verdikt schon wieder verschoben hat?

Deutschlandfunk, Forschung Aktuell, 25.10.2017

Chemienobelpreis 2017

Der deutschstämmige Chemienobelpreisträger Prof. Joachim Frank forscht und lehrt an der Columbia University in New York. Im Gespräch erklärt er, warum er nach seiner Physik-Promotion in München in die USA ging, wie er dort die Bioinformatik miterfunden und die Elektronenmikroskopie revolutioniert hat – und warum er regelmäßig Kurzgeschichten veröffentlicht: „Es scheint mir, dass die Welt unglaublich groß und reich ist. Und wenn ich nur Wissenschaft betreibe, dann sehe ich nur einen sehr kleinen Aspekt davon.“

Deutschlandfunk, Forschung Aktuell, 10.10.2017

Desaster für die Deutsche Bahn: Was ging schief beim Tunnelbau in Rastatt?

Für die Deutsche Bahn war es ein Supergau: Als beim Bau eines Tunnels in der Nähe von Rastatt der Boden nachgibt, verbiegen sich die Gleise der wichtigsten Nord-Süd-Verkehrsachse Deutschlands. Der Bahnverkehr auf der Rheintalstrecke ruht wochenlang. Was war die Ursache des Desasters? Was ging schief beim Bau der neuen ICE-Trasse ? Der Bauingenieur und Tiefbau-Sachverständige Prof. Conrad Boley von der Bundeswehr-Universität München gibt im Deutschlandfunk-Interview Antworten.

Notnagel Nachrüstung: Sind Diesel-Fahrverbote noch zu stoppen?

Am berühmt-berüchtigten Neckartor in Stuttgart sind die Stickoxid-Konzentrationen seit Jahren im Mittel doppelt so hoch, wie laut geltenden EU-Grenzwerten erlaubt. Die Stadt muss also was tun, um die Gesundheit der Anwohner nicht zu gefährden. Möglicherweise kommen die politisch Verantwortlichen sogar nicht drum rum, ab 2018 Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge zu verhängen. Wirklich wollen tun sie das mehrheitlich aber offenbar nicht. Und deshalb ist mancher dankbar, dass die Autobauer in Aussicht stellen, schmutzige Diesel mit Software-Updates und Nachrüstaktionen schnell wieder fit für die City zu machen. Aber können solche Maßnahmen tatsächlich helfen, die Stickoxid-Grenzwerte am Neckartor und anderswo künftig einzuhalten? Dr. Reinhard Kolke, Leiter des ADAC-Technik-Zentrums in Landsberg, erklärt im Deutschlandfunk, dass er nicht daran glaubt.

Neuroprothesen: Experten fordern ethische Richtlinien für den Einsatz

Vom Hirn gesteuerte Prothesen können Querschnittsgelähmten helfen, selbstbestimmter zu leben. Doch wer ist verantwortlich, wenn etwa eine mit der Kraft von Gedanken gelenkte Hand einmal zu fest zupackt? Und wie lässt sich verhindern, dass die Daten – also die Gedanken und emotionalen Zustände der Benutzer derartiger Neuroprothesen – ausgelesen und missbraucht werden? Der Neurotechnologe Surjo Soekadar von der Universität Tübingen fordert im Deutschlandfunk die Entwicklung ethischer Richtlinien.

Stromtransport über Gasleitungen

Power-to-Gas-Technologie könnte Energiewende voranbringen

Wenn die Energiewende gelingen und Deutschlands Energiesektor bis 2050 dekarbonisiert werden soll, wird das geographische Ungleichgewicht zwischen Stromerzeugern und Stromverbrauchern weiter wachsen: Die großen Windparks finden sich vor allem im Norden der Republik, die industriellen Stromverbraucher eher im Süden des Landes. Die geplanten Stromautobahnen in Nord-Süd-Richtung tragen diesem Problem Rechnung, werden es aber nur zum Teil lösen. Bei der Jahrestagung der Deutschen physikalischen Gesellschaft in Münster schlugen Forscher nun vor, das bereits existierende Erdgasnetz für den Energietransport zu nutzen.
Deutschlandfunk, Forschung Aktuell, 30.3.2017